Klima - Ranger

Veröffentlicht auf von Radio Sonnenschein

Grün soweit das Auge reicht. Ein intaktes Fleckchen Erde, ein Berg-Regenwald, ungestörte Natur. Mitten drin – der Lindusee. Die Wolken hängen tief. Es regnet viel, bis zu 4000 Millimetern im Jahr – das ist etwa fünfmal so viel Regen wie in Deutschland. Seit Anfang der 90er Jahre ist dieser Regenwald auf Sulawesi Nationalpark. Die Ranger durchstreifen ihn regelmäßig, auch um illegale Holzfäller aufzuspüren. Mit dabei: Pak Agus, Chef des Nationalparks. Er ist besorgt, denn vor den Auswirkungen des Klimawandels kann er seinen Wald nicht schützen. Auch nicht mit solchen Inspektionstouren. An seiner Seite: Adam Malik. Er koordiniert ein indonesisch-deutsches Forschungsprojekt, das unter anderem Klimaveränderungen ergründet.

Maleo HuhnHeute sind sie auf dem Weg zu der Brutstätte des Maleo-Huhns. Ein Tier, das nur auf Sulawesi vorkommt, klimaempfindlich dazu. Seine Eier vergräbt der Vogel in Höhlen, die eine bestimmte Temperatur haben müssen. "Jede Klimaänderung ist gefährlich für den Maleo, weil er nur bei einer Temperatur seine Eier legen kann", erklärt Agus Priambudi vom Nationalpark Lore Lindu. "Wenn es kälter oder wärmer wird, dann muss der Maleo andere Brutplätze finden – und die sind rar. Immer weniger Orte erfüllen die Kriterien, die der Vogel braucht. Wenn wir ihn nicht beschützen können, dann werden unsere Kinder den Maleo nicht mehr kennen lernen."

BaririDer Maleo könnte das erste Opfer eines Klimawandels werden. Und der Vogel ist nur eine der vielen schon jetzt seltenen und gefährdeten Arten auf Sulawesi. Am nächsten Tag ist Adam Malik auf dem Weg in einen anderen Winkel des Nationalparks. Sein Ziel der Klimaturm im Bariri-Tal. Auch der Weg hierhin ist beschwerlich – allerdings lässt sich heute der meiste Teil der Strecke mit dem Auto bewältigen. Dafür sind die letzten 70 Meter eine große Herausforderung. Die geht es einfach nur hoch – senkrecht. Der Klimaturm ist einzigartig in Südostasien und Teil des Forschungsprojektes, das Adam mitbetreut. Aber der Aufstieg lohnt sich – die Aussicht ist atemberaubend. Und die hier gewonnenen Erkenntnisse weltweit von Interesse. Denn der Regenwald in Lore Lindu hat keine richtige Trockenzeit – er ist immerfeucht, darin unterscheidet er sich etwa vom Urwald im Amazonas. Umso wichtiger die Klimadaten, die hier gesammelt werden. "Von hier oben kann man erst die ganze Schönheit des Regenwalds erkennen", sagt Dr. Adam Malik von der Universität Palu. "Die hohen Bäume, die üppige Vegetation, die vielen verschiedenen Arten. So viel davon ist schon zerstört – umso mehr müssen wir uns um diese Oasen kümmern und sie erforschen. Wir wissen noch so wenig."

Eines ist schon klar: Der Urwald reagiert äußerst sensibel auf Veränderungen der Regenmenge und der Temperaturen. Zum Beispiel auf Klimaphänomene wie El Niño, die in dieser Region der Erde Trockenheit provozieren. Zwei Stunden Fußmarsch vom letzten Dorf entfernt, auf 1.000 Meter Höhe. Den Weg hierher haben sie sich vor ein paar Monaten mit Macheten freigeschlagen. Malaria- und Denguemücken überall. Keine angenehme Arbeitsumgebung. Hier haben die Wissenschaftler mitten im Wald Plastikplanen gespannt. Die sollen den Regen auffangen, so wollen die Forscher die Auswirkungen einer lang anhaltenden Dürre ergründen. Eine realistische Simulation des Klimawandels. "Flora und Fauna werden sich verändern", meint Dr. Adam Malik von der Universität Palu. "Welche Tier- und Pflanzen überleben die Dürre, wie reagieren sie auf den Wassermangel, welche Arten sterben – das können wir hier herausfinden. Klar ist, der Klimawandel wird die Vegetation stark beeinflussen."

Der nächste Tag – zum Lindusee inmitten des Nationalparks kommt man nur mit dem Motorradtaxi. 17 Kilometer waghalsige Rutschpartie durch den Urwald. Die einzige Verbindung zu den Dörfern am See. Bis vor ein paar Jahren konnte man dorthin nur mit dem Pferd reiten. Die Menschen, die dort am Rande des Regenwalds leben, sind arm. Wie Alimudin. Er pflanzt hier Kaffee an – obwohl das Gelände schon zum Nationalpark gehört. Das ist eigentlich verboten, aber er hat nichts anders. Pak Agus und Adam besuchen ihn, nicht um ihm eine Strafgebühr zu verpassen, sondern um ihn für den Regenwald zu begeistern. Die Weiterbildung der Dorfbewohner ist ein wesentlicher Teil der Arbeit der Ranger. Sie erklären ihm, warum Regenwald schützenswert ist, dass er auf keinen Fall weitere Bäume abholzen darf - und auch, wie man schon vorhandene Flächen effektiver bewirtschaften kann. Seit ein paar Jahren kann man in dieser Region mit Kakao Geld machen. Fendi und seine Familie etwa leben von der fettigen Frucht. Und das ist zunehmend ein Problem. Denn für den Kakao werden nach und nach die großen Bäume drum herum gefällt. Und auch hier spielt das Wetter eine Rolle: Je schlechter die Ernten ausfallen, desto größer ist das Bedürfnis der Regenwaldanrainer neue Flächen zu erschließen und weiter in den Regenwald vorzudringen. "Die Leute hier leben vom Wald", sagt Agus Priambudi vom Nationalpark Lore Lindu. "Sie holen sich Holz, Rattan und auch das Land. Das Resultat sind nicht nur Überschwemmungen, Erdrutsche und Erosion, sondern auch, dass der Regenwald langsam verschwindet und mit ihm ein ganzes Ökosystem. Das müssen wir verhindern."

220.000 Hektar Nationalpark. Die Luft ist kühler, die Größe der Natur überall spürbar. Am Ende seiner Tour fährt Pak Agus noch einmal über den Lindusee. Von hier hat er den besten Ausblick auf die Berge. Er liebt seinen Park, das strahlt er aus. Um jeden Preis möchte er ihn schützen... "Regenwald ist faszinierend – so viele Arten, so viele Geheimnisse. Wir müssen verstehen lernen, wie wir vom Regenwald profitieren ohne ihn zu zerstören, wir müssen lernen, dass wir ihn brauchen. Wenn das Klima sich ändert, wenn dadurch die Regenwälder zugrunde gehen oder auch umgekehrt – es wird irgendwann das Ende der Menschheit bedeuten." Unnahbar schön – im Regenwald dominiert die Natur. Hoffentlich noch lange.

(Quelle: wikimedia/dieuniversitaet.at/transafrika.org/ard/werg)

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