Schicksal der Waisen...

Veröffentlicht auf von Radio Sonnenschein

NeugeborenesSanft leckt die Gorilladame ihr Neugeborenes ab. Vor zehn Minuten hat die Kleine das Licht der Welt erblickt. Sie wiegt nicht mal zwei Kilogramm. Das ist normal. Trotzdem ist nicht klar, ob sie die nächsten Tage überleben wird, denn ihre Mutter ist nicht in freier Natur aufgewachsen. Als sie selbst noch ein Kind war, wurden ihre Eltern von Wilderern erlegt. Jetzt lebt sie im Limbe Wildlife Center an der Küste Kameruns. Niemand hier weiß, ob ihre Instinkte ausreichen, um das Baby aufzuziehen.

Alltag im Waisenhaus

Frühstück im Wildlife CenterInsgesamt sechzehn Gorillas mit ähnlichem Schicksal leben in Limbe, aufgeteilt auf zwei Gruppen. Eine große mit einem Silberrücken als Chef, der auch der Vater des Neugeborenen ist. Und eine zweite kleinere, die aus den Gorillaweibchen Abby und Tinu , dem halbwüchsigen Arno und der anderthalbjährigen Bolo besteht. Sie war bis vor kurzem das jüngste Gorillakind in Limbe.

Es ist neun Uhr morgens. Die Nacht haben die Gorillas im Käfig verbracht. Jetzt werden sie von Tierpfleger Jonathan in das Gehege gelassen: "Wie jeden Morgen, wenn ich hierhin komme, begrüße ich meine Tiere und muss schauen, ob sie gesund sind und ob sie sich normal verhalten. Zum Beispiel kontrolliere ich, ob sie vielleicht Durchfall haben und wir was unternehmen müssen. Aber heute sehe ich hier nichts. Die Gorillas sind zufrieden. Sie spielen und sehen gut aus. Das ist ein guter Start in den Tag für mich, wenn ich sehe, dass all meine Tiere glücklich und zufrieden sind." Jeden Morgen bereiten Jonathan oder seine Kollegen die Gehege mit einem Frühstück aus meterlangen Gräsern vor. Sie verteilen das Grün über das gesamte Gelände. So kann es nicht passieren, dass ein dominantes Tier alles für sich beansprucht. Außerdem ist das für die Gorillas auch interessanter. Sechs Mahlzeiten bekommen die Gorillas täglich.

Schwerer Start ins Leben

Junger Affe im CenterDie kleine Bolo war gerade ein halbes Jahr alt, als sie Dezember 2007 nach Limbe kam. Ihre Eltern wurden von Wilderern getötet. Sie selbst wurde als Haustier gehalten. Ein typisches Schicksal für die Menschenaffen in Afrika, das Jonathan trotz der jahrelangen Erfahrung immer noch aufregt: "Wenn die Gorillas hierher kommen, dann stell ich mir vor, was sie erlebt haben. Es muss eine schreckliche Situation sein, den Gewehrschuss zu hören, der deine Mutter tötet. Einige von ihnen verstehen gar nicht, dass die Mutter getötet wurde. Sie klammern sich an die tote Mutter und hoffen, dass sie nur schläft und gleich wieder aufsteht. Ich werde da fast verrückt, wenn ich mir vorstelle wie die Gorillas hier zu Waisen werden. Das ist eine sehr traurige Situation und wir tun alles, damit das ein Ende hat oder es wenigstens weniger wird."

Bolo hat in Limbe eine neue Familie gefunden. Die vor kurzem gegründete Vierergruppe ist sehr harmonisch. Die Weibchen haben Bolo adoptiert und kümmern sich rührend um sie. Untereinander gibt es zwar ab und zu Streitereien mit Arno, doch die werden schnell ausgetobt und vergessen.

Keine guten Aussichten

Mutter und KindDie Wilderei nimmt kein Ende. Felix Lenkaster, der Leiter des Waisenhauses, ist sehr pessimistisch, denn Wilderei und illegaler Tierhandel florieren nach wie vor. So ist Tierschmuggel nach Waffen- und Drogenhandel der wichtigste illegale internationale Handelszweig. "Es steckt eine Menge Geld da drin. Das macht es noch schwerer, diese Tiere zu schützen. Aber wir müssen es versuchen. Im Moment sind die Aussichten nicht sehr gut. Viele dieser Arten werden immer weniger. Ihr Lebensraum wird zerstört. Und da, wo der Lebensraum nicht verschwindet, werden sie gejagt. Entweder um mit ihrem Fleisch zu handeln oder um sie selbst verkaufen. Das ist ein Krieg, den wir momentan zu verlieren scheinen."

Damit ist auch klar, warum Geburten im Limbe Wildlife Center nicht unbedingt gewünscht werden. Es bedeutet, dass das Neugeborene wahrscheinlich niemals in die Wildnis kann, sondern in Gefangenschaft bleiben muss. Trotzdem ist die Freude über den Nachwuchs groß, eine Woche nach der Geburt ist das Baby wohlauf. Mit ein bisschen Unterstützung hat sie begonnen zu trinken. Wer weiß, vielleicht bekommen die Jüngsten ja doch eines Tages die Chance auf ein Leben in der Freiheit.

(Quelle: limbewildlife.org/prowildlife.de/swr/werg)

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