Zwangsumsiedlung

Veröffentlicht auf von Radio Sonnenschein

Flusspferde im Kalahari Nationalpark in BotswanaÜber der Halbwüste Kalahari im Süden Afrikas hat es - trotz Trockenzeit - in der Nacht überraschend heftig geregnet. Das ganze Dorf ist ausgerückt, um das kostbare Gut in Plastikkanistern zu sammeln und nach Hause zu transportieren. Ein Zuhause, das es für sie gar nicht mehr geben dürfte.

Seit Ende des vergangenen Jahrhunderts wurden über Tausend Ureinwohner von der botswanischen Regierung zwangsweise aus dem Naturreservat Zentral-Kalahari vertrieben. Angeblich wollte ihnen die Regierung ein zivilisierteres Leben ermöglichen, doch vermutlich steckten andere Gründe hinter der Zwangsumsiedlung. Industriekonzerne wollten in den Gebieten Diamanten und andere Rohstoffe aus der Erde holen und den Tourismusbehörden passte das Archaische der Buschmänner nicht ins perfekte Bild des Kalahari Nationalparks.

Kampf ums Überleben

Rund Zweihundert Menschen sind in den vergangenen beiden Jahren wieder in ihre zerstörten Dörfer zurückgekehrt - viele illegal wie in Molapo. Die Menschen, die Molapo teilweise wieder aufgebaut haben, sind sogenannte Buschmänner. Roy Sesana ist einer ihrer Anführer. Im Jahr 2005 bekam er den alternativen Nobelpreis für seinen Einsatz für die Rechte seines Volkes der Basarwa, wie sich die Buschmänner selbst nennen. Sesana sagt: "Unsere Kultur stirbt unwiderruflich. Unsere Vorfahren, die uns leiten und helfen wollen, sind völlig verwirrt. Sie sehen, wie mit uns umgegangen wird, wie systematisch versucht wird, uns unserer Kultur zu berauben und unsere Lebensweise, sogar unsere Sprache zu zerstören."

Die Regierung durfte die Ureinwohner nicht vertreiben

Buschmänner in BotswanaDie Zentral-Kalahari ist eine Buschlandschaft, die sich über große Teile des Landes Botswana erstreckt. Ein Gebiet etwa von der Größe Niedersachsens wurde 1961 zum Nationalpark erklärt, die letzten Buschmänner seit den 90er-Jahren systematisch vertrieben. Das war illegal, stellte sogar das Verfassungsgericht im Jahr 2006 fest. Und trotzdem erlaubt die Regierung den Rückkehrern nicht, was sie immer schon gemacht haben: Jagen. Außerdem dürfen sie vorhandene Wasserbohrlöcher nicht nutzen, und auch der bescheidene Maisanbau im Naturschutzgebiet ist gesetzeswidrig.

Die Buschmänner sehen sich selbst als das erste Volk Afrikas - eine Gemeinschaft der Jäger und Sammler. Sie sind darauf trainiert, noch in der widrigsten Umgebung zu überleben. Mit Pfeil und Bogen, mit Speeren jagten sie über Jahrtausende in der Kalahari. Straußeneier füllten sie mit Wasser und vergruben diese als Vorratsspeicher für extreme Dürrezeiten. Ihre Ahnen schützten sie bei der Jagd und gaben ihnen Kraft in der Abgeschiedenheit der Trockensteppe zu leben.

Krank durch Zwangsumsiedlung

Lendenschurz und Wildfell gehören allerdings längst der Vergangenheit an. Viele Familien haben kleine Pick-ups, die sie während der Zeit der Zwangsumsiedlung gekauft haben. Mal ist die Benzinpumpe kaputt, mal kein Geld für Benzin vorhanden. Aber das sind nur kleine Probleme im Vergleich zu den schwerwiegenderen Folgen der Vertreibung. Viele Buschmänner wurden zu Alkoholikern oder infizierten sich mit Aids. Es gibt keine Hilfe. Roy Sesana nimmt an, es sei einfach Rassismus. Buschmänner würden im eigenen Land nicht als Menschen anerkannt und gelten immer noch als Wilde. Überleben können die Rückkehrer meist nur dank der Hilfe ihrer Kinder, die außerhalb des Wildparks leben, oft auf Plantagen arbeiten und ab und zu Lebensmittel und vor allem Wasser herbeitransportieren.

Roy Sesana macht sich derweil in seinem klapprigen Pick-Up auf, um in einer Tagesreise die Provinzregierung aufzusuchen. Er will wieder einmal um Hilfe für die wenigen Buschmänner bitten, die in ihrer eigenen Heimat leben wollen. Doch dann versagt der Motor seines Autos. Es wird Monate dauern, bis er das Geld für die Reparatur zusammen hat. Monate, die sich wie Jahre anfühlen werden, währenddessen die alte Kultur der Buschmänner immer mehr erlischt.

(Quelle: okapia/dpa/ndr/werg)

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